Vereinsmitglieder spezial: Timmi Bauschulte
Käfer mit Polizeieskorte
Ibbenbürener Timmi Bauschulte und Rudolf Schröder sind von der Zarenrallye zurück
Gellende Polizeisirenen fordern eindringlich freie Bahn. Freie Bahn für einen Konvoi von 16 Oldtimern in die Moskauer City.
An der Spitze der Kolonne, die mit Tempo 80 in die russische Metropole fährt, sind die beiden Ibbenbürener Timmi Bauschulte und Rudolf Schröder mit ihrem Käfer Cabriolet, Baujahr 1957. Sie nehmen an der Zarenrallye teil, die von Berlin über Tallinn und St. Petersburg nach Moskau führt und dann über Kiew zurück nach Berlin (wir berichteten).
Als Timmi Bauschulte jetzt nach Ibbenbüren zurückkehrt, hat sein betagter Herbie 5080 zusätzliche Kilometer auf dem Buckel, und sein Besitzer ist stolz und voller neuer, unvergesslicher Eindrücke. Stolz auf seinen VW – gebaut bei Karmann in Osnabrück und eigentlich für den Export nach Amerika bestimmt, von Bauschulte in den 80ern in fünfjähriger Kleinarbeit perfekt restauriert. Bei der Abfahrt in der Bergmannsstadt zeigt der Tacho exakt 22000 Km. 122000 km sind´s in Wirklichkeit, doch der Streckenzähler hat nur fünf Stellen. Bauschulte hat ein umfangreiches Ersatzteillager dabei, doch kann dies getrost verpackt lassen. Lediglich einmal muss der Keilriemen gewechselt werden.
Ach ja, da ist da noch die Geschichte mit der Radkappe. Auf einmal scheppert´s, das Ding macht sich selbstständig, rollt in den Straßengraben. Genau beobachtet von zahlreichen Teilnehmern, doch Anhalten geht nicht im Konvoi – das hätte unweigerlich einen Auffahrunfall weiter hinten zur Folge. Doch zum Glück ist wenig später ein Tankstopp. Flugs fährt der Ibbenbürener die 2,4 Kilometer zurück und rettet sein Schätzchen. Es sind die einzigen knapp5 Kilometer in Russland und der Ukraine ohne Polizeieskorte.
Den ständig präsenten Staatsapparat an der Seite betrachtet Bauschulte ohnehin mit gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite fühlt er sich wie ein Ehrengast, wenn rechts und links alles anhalten muss. Eine eigene Staffel mit zwei nagelneuen Mercedes C-Klasse bahnt den Weg, unterstützt von zahlreichen lokalen Ordnungshütern, die zum Beispiel in Moskau wirklich jede Kreuzung abriegeln. „Die haben vier verschiedene Sirenentöne, und der letzte ist wirklich bös“, erzählt Bauschulte. Dann wird brutal abgedrängt. Völlig übertrieben, ja gefährlich, wie der Ibbenbürener findet, doch in Russland kennt man das.
An Brjansk, Etappenziel nach der russischen Metropole, denkt der Käferfahrer mit einem leichten Schaudern zurück. Die Bewacher (oder Beschützer) sind plötzlich weg, dafür rollen finstere Gestalten in dicken Limousinen an, wohl um die Beute zu begutachten. „Da hatte ich richtig Angst“, erinnert sich das Mitglied des Ibbenbürener Automobilclubs, verwirft aber den Vorschlag, im Auto zu schlafen, um es so zu bewachen. Die Macht des Geldes – gesponsert ist die Zarenrallye von der VW-Bank Moskau – reicht vermutlich auch in die Provinz. „Irgendwie ist nichts passiert“, atmet Bauschulte auf.
Heil zuhause kann er bilanzieren, dass sein betagter Käfer gerade mal einen halben Liter Öl gefressen hat. „Eigentlich ist alle 2500 Kilometer ein Ölwechsel fällig“, weis er die Osnabrücker Wertarbeit zu schätzen. Und auch der Verbrauch von 7 Litern auf 100 Kilometer kann sich sehen lassen. „Der Käfer läuft besser als vorher“, glaubt Bauschulte zufrieden nach seinem Moskau-Abenteuer.
Interessiert betrachtet die Polizeistaffel in St. Petersburg das Käfer Cabrio aus dem Münsterland. Dass das Auto vorne keinen Motor hat, ist für Russen die ganz große Überraschung. Hier kennt man nur Frontmotoren. Fotos: Schröder
Niels Odefey aus Uelzen (l.) hatte Timmi Bauschulte auf einem Oldiefestival in Gießen von der Zarenrallye erzählt und anschließend die nötigen Kontakte hergestellt. Klar, dass er in Moskau auch eine Zeitlang auf dem Beifahrersitz des offenen Käfers Platz nehmen durfte.